Keratokonus - eine Stoffwechselstörung der Hornhaut

Zwar ist die Veranlagung zu dieser Augenerkrankung erblich bedingt, aber viele Kinder, deren Mütter oder Väter unter einem Keratokonus leiden, haben gesunde Augen. Es müssen noch andere ungünstige Faktoren hinzukommen, um die degenerative Hornhaut-Veränderung hervorzurufen. Der Keratokonus entsteht meist im zweiten oder dritten Lebensjahrzehnt. Nach der Pubertät kann er spontan zum Stillstand kommen. Leider ist das nicht immer der Fall und es gibt auch bisher keine Therapie, die den u.U. bis zum 55. Lebensjahr fortschreitenden Prozess aufhalten könnte.

Im Anfangsstadium fällt zunächst auf, dass sich die Sehschärfe schnell verringert; die Stärke der Brillengläser muss in sehr kurzen Zeitabständen immer wieder geändert werden. Zur Kurzsichtigkeit (Myopie) kommt die Stabsichtigkeit (Astigmatismus) infolge der Hornhautverkrümmung hinzu: man sieht Punkte als Striche und gerade Linien verbogen. Ein weiteres Symptom ist erhöhte Lichtempfindlichkeit und damit verbunden ein vermehrter Tränenfluss. In dem Maße, wie sich die Hornhaut kegelförmig verwölbt, nimmt die Sehschärfe ab und die Bildzerrung zu. Davon sind beide Augen betroffen, wenn auch mit unterschiedlicher Ausprägung. Die durch den Keratokonus verursachte Fehlsichtigkeit - ein myopischer Astigmatismus - lässt sich nur in den frühen Phasen der Erkrankung mit zylindrischen Brillengläsern ausgleichen. Im weiteren Verlauf wird die Hornhautform so unregelmäßig, dass die Brille nicht mehr helfen kann. Vor mehr als hundert Jahren wurde die Contactlinse erfunden. Die ersten, die sie trugen, waren Menschen, die durch einen Keratokonus hochgradig sehbehindert waren. Zwischen den gläsernen Skleralschalen von damals und unseren modernen Keratokonus-Linsen liegen allerdings Welten. Die heutigen Spezialanfertigungen bieten einen hohen Tragekomfort und es sind auch Mehrstärkenlinsen möglich.

Oft langwierig, aber fast immer erfolgreich - die Speziallinsen-Anpassung

Die Contactlinsen, die ein Keratokonus-Klient braucht, existieren noch gar nicht, wenn er zum ersten Mal zur Anpassung kommt. Sie werden extra für ihn angefertigt und das meist in mehreren Schritten. Zunächst wird die Brillenglasstärke bestimmt, um die für die Contactlinsen erforderlichen Korrektionsdaten ermitteln zu können. Form und Durchmesser der künftigen Contactlinsen werden von der Hornhaut-Form bestimmt. Aufgrund ihrer Unregelmäßigkeit muss praktisch die gesamte Oberfläche Punkt für Punkt vermessen werden. Doch der Klient spürt nichts davon: seine Augen werden nicht berührt. Nach diesen Ergebnissen wird die Messlinsen berechnet. Bei seinem nächsten Besuch bekommt unser Klient zwar schon einen ersten Eindruck von dem großen Unterschied zwischen Brillen- und Contactlinsen-Korrektion, aber mit den endgültigen Linsen können Sehleistung und Komfort noch wesentlich verbessert werden. Wenn die Messlinsen aufgesetzt sind, wird der Tränenfilm mit Fluorescin (lichtempfindliches Färbemittel) gefärbt. Das ist vollkommen unschädlich und man spürt nicht mehr, als wenn ein Tropfen Wasser vorsichtig ins Auge getröpfelt wird. Durch den gefärbten Tränenfilm wird erkannt ob diese ungehindert unter der Linse zirkulieren kann. Damit wird die Ernährung der Hornhaut gewährleistet, denn sie lebt von dem im Tränenfilm enthaltenen Sauerstoff. Darum muss auch das Material der Contactlinse besonders gasdurchlässig sein. Da die Linse auf dem Tränenfilm schwimmt, kommt sie auch mit der empfindlichen Hornhaut nicht in Berührung. Vor allem der Abstand zwischen der kegelförmigen Hornhaut-Mitte und dem Linsen-Zentrum muss sich mit möglichst viel Tränenflüssigkeit auffüllen können. Zum einen ist die Hornhaut dort durch die Überdehnung besonders dünn, zum anderen gleicht die Flüssigkeit unter der Linse die Unregelmäßigkeit der Hornhaut aus. D.h. es entsteht eine Flüssigkeitslinse mit optischer Wirkung, die zu einem guten Teil den Astigmatismus korrigiert. Die Linsenränder werden abgeflacht, damit sie nicht auf der Hornhaut aufliegen. Für einen Keratokonus-Klienten sind Messlinsen in mehreren, leicht abgewandelten Variationen erforderlich. Mit dem Linsenpaar, das den Ansprüchen annähernd gerecht wird, wird die erreichte Sehschärfe geprüft und der Klient gebeten, diese Linsen etwa eine Stunde lang zu tragen. Nach seiner Rückkehr werden die subjektiven Eindrücke abgefragt und mit der objektiven Nachkontrolle des Sitzes und der Sehstärke verglichen. Sind sämtliche Ergebnisse zufriedenstellend, können wir dem Hersteller angeben, wie die endgültigen Linsen beschaffen sein müssen. Sollten jedoch noch gravierende Verbesserungen erforderlich sein, werden erst wieder anders geartete Messlinsen bestellt. Für Keratokonus-Linsen gibt es heute unzählige Möglichkeiten. So kann es sein, dass unterschiedliche Materialien kombiniert werden, z.B. Linsen mit weichem Rand und formstabilem Zentrum. Es sind auch "Huckepack-Systeme", etwa eine harte Linse mit Minus-werten, die auf eine weiche mit Pluswerten aufgesetzt wird. Obwohl die Contactlinsen für jeden Keratokonus-Klienten exakt nach ermittelten Angaben hergestellt werden, können sie bei der Lieferung nur sehr selten bereits ihre endgültige Form haben. Erst durch manuelle Nachbearbeitung kann perfekter Sitz erreicht werden.

Intensive Betreuung gehört zu unserem Service

Wenn der Klient seine Contactlinsen ein paar Tage getragen hat, wird der Sitz, der Zustand der Hornhaut und die Sehschärfe überprüft. Solche Kontrollen erfolgen dann in regelmäßigen Zeitabständen, wobei die Contactlinsen unter dem Mikroskop untersucht und eventuelle Ablagerungen entfernt werden. Da sich die Sehschärfe häufig ändert, braucht der Klient öfter neue Linsen. Je nach Linsen-Typ können wir aber bei kleineren Änderungen die Korrektionswirkung der vorhandenen Linsen verstärken. Solange der Keratokonus nicht zum Stillstand kommt, kann es sein, dass sich in einem späteren Stadium die hochgradige Sehbehinderung auch mit Contactlinsen nicht mehr beheben lässt. In diesem Fall hilft eine Hornhaut-Transplantation. Die Erfolgsaussichten sind heute in Deutschland sehr gut. Nach der Hornhaut-Übertragung kann der Klient mit Contactlinsen wieder eine gute Sehschärfe erreichen, die sich dann nicht mehr in dem Maße verändert, wie vor der Operation.